RLC: Wenn rennsport-verrückte Biker den Nürburgring bevölkern

Motorradfahrer sind derzeit mal wieder in der Diskussion. Sonntags-Fahrverbot ja oder nein? Die Frage spaltet die Gemüter, ist landauf und landab ein Aufreger. Davon war an diesem Sonntag auf dem Nürburgring allerdings keine Rede. Denn wenn ausgemachte Amateure, Menschen, die einem bürgerlichen Beruf nachgehen, ein Wochenende im umgebauten Lieferwagen pennen, acht Stunden am Stück „auf der Gummikuh“ sitzen, Rennen auf der Grandprix-Strecke fahren, um am nächsten Morgen wieder im eigenen Handwerksbetrieb ihren Mann zu stehen, dann ist das schon mehr als nur ein Hobby. Der RLC (Reinoldus Langstrecken Cup) eint sie alle.

Motorradfahrer sind derzeit mal wieder in der Diskussion. Sonntags-Fahrverbot ja oder nein? Die Frage spaltet die Gemüter, ist landauf und landab ein Aufreger. Davon war an diesem Sonntag auf dem Nürburgring allerdings keine Rede. Denn wenn ausgemachte Amateure, Menschen, die einem bürgerlichen Beruf nachgehen, ein Wochenende im umgebauten Lieferwagen pennen, acht Stunden am Stück „auf der Gummikuh“ sitzen, Rennen auf der Grandprix-Strecke fahren, um am nächsten Morgen wieder im eigenen Handwerksbetrieb ihren Mann zu stehen, dann ist das schon mehr als nur ein Hobby. Der RLC (Reinoldus Langstrecken Cup) eint sie alle.

„Ein bisschen verrückt muss man schon sein, um das zu machen“, sagt denn auch Jörg Dawen. Der 43-Jährige aus Ayl im Saargau hat einen eigenen Handwerksbetrieb, ist Zimmerermeister. Und begeisterter Motorrad-Rennfahrer. Er ist neben seinen Mitfahrern Stefan Hesterberg und dem Luxemburger Ben de Bondt einer von drei Fahrern des Teams „National Moto“. Die Jungs, alle so Ende dreißig, Anfang vierzig, gewannen im vergangenen Jahr den Titel im Reinoldus Langstrecken-Cup. Eine Langstreckenserie mit Rennen über sechs und acht Stunden, die auf dem Nürburgring ausgefahren werden.

In diesem Jahr wollen sie ihren Titel verteidigen. Gemeinsam mit einer Handvoll von Mechanikern und Crew-Mitgliedern, die ihr Herz ebenfalls an den Motorrad-Rennsport verloren haben. Doch den „Hobby-Bikern“ machte, wie so vielen anderen auch, Corona einen Strich durch die Rechnung. Für Anfang Mai war das erste Rennen vorgesehen. Jetzt, am ersten Juli-Wochenende, war es soweit. Endlich. Drei von vier vorgesehenen Rennen sind übrig geblieben in diesem Jahr. Der Auftakt jetzt im Juli, dann je eines Ende August und im Oktober.

Die erste Schreckensnachricht am Sonntagmorgen kam, kaum dass das Rennen um 10 Uhr gestartet worden war, schon nach einer knappen Stunde: „Hesi ist gestürzt. Dunlop-Kehre, Müllenbachschleife. Er ist zum Arzt.“ „Hesi“, das ist Stefan Hesterberg.

Für „Hesi“, das sollte sich bald herausstellen, war das Rennen gelaufen: Schlüsselbeinbruch. Aus, Schluss, Ende, vorbei. Den Rest des Tages verbrachte er mit Verband und Schiene in Box 14. „Dann müssen Jörg und Ben es richten. Jedes Team hat eine eigene Box für sich. Corona-Vorschriften. Es sind ohnehin ein paar weniger dabei als im vergangenen Jahr wegen des späten Saisonbeginns. Knappe 20 etwa“, erklärte Teammanager Kai Altenhofen. Gemeinsam mit Stefan Brocker organisierte er die Zeitnahme, war, gemeinsam mit der Mechaniker-Crew mit Marco Martini, Dirk Wibo und Daniel Sonntag, die ordnende Hand in der Boxengasse.

„Dampfig“ und schmierig vom Morgentau und dem leichten Nieselregen auf der Strecke war es gewesen, morgens, als „Hesi“ stürzte. Der Ausfall des dritten Fahrers bedeutete für Jörg Dawen und Ben de Bondt, dass sie von nun an im ständigen Wechsel das Rennen für „Team National Moto“ alleine zu Ende fahren mussten. „Alle 18 Runden rein. Ein Stint dauert etwa zwei Minuten. Wirklich zur Ruhe kommst du da zwischendurch nicht. Aber es ist nun mal so, wie es ist. Wir sehen zu, dass wir das Rennen zu Ende fahren. Wir sind eingespielt, haben ein gutes Team“. Ben, der Luxemburger, nahm es gelassen.

Beide, Jörg und Ben, spulten ihre Stints mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks auf ihren Maschinen ab. Die Fahrerwechsel in der Pit Lane waren eingespielt. „Wenn Jörg übernimmt, warte ich, bis Ben auf seiner Höhe vor der Box ist. Dann wechsele ich den Transponder von der hereinkommenden auf die herausgehende Maschine, klopfe dem Fahrer auf die Schulter und der fährt los“, erklärt Mechaniker Marco Martini.

Hört sich leichter an, als es getan ist. Und vor allem darf keiner aus der Boxen-Crew dem Fahrer vorher ermunternd noch mal auf die Schulter klopfen, wenn der schon auf der Maschine sitzt. „Sonst fährt der ohne Transponder los. Hatten wir auch schon“, meinte Marco und grinste sich eins.

Der RLC-Cup eint, ähnlich wie bei der VLN, Motorradverrückte und Rennsport-begeisterte „Biker“ mit solchen, die Rennen professionell fahren. „Ein paar IDM-Piloten“ sind auch dabei“, erklärt Kai. IDM, das ist die internationale Deutsche Motorradmeisterschaft. Das geht schon Richtung Moto-GP. Diejenigen, die die RLC-Saison fahren, haben alle noch ihren zivilen Beruf, gehen wochentags einem „richtigen Job“ nach. Alles gute Biker, aber sie opfern dafür Geld und Freizeit. Fahrer und Mechaniker. „Morgen früh um sechs stehe ich wieder in meiner Firma“, erzählt Jörg.

Das um einen Fahrer dezimierte Team bringt die acht Stunden permanenten Rennbetrieb mit Konzentration, fahrerischem Können und ständigem Service an der Maschine des gerade ruhenden Fahrers hinter sich. Auf Position sechs von knapp 20 Teams lag Team National Moto kurz Schluss, dann spülte der einsetzende Regen kurz vor Renn-Ende noch einmal alles durcheinander. Am Ende stand der zweite Rang. Ben und Jörg hatten sich, perfekt betreut von der Box, mit all ihrer Erfahrung nach vorn gearbeitet.

Eine Siegerehrung wie sonst gab es nicht. „Alle sollen möglichst sofort nach dem Rennen packen, abbauen und nach Hause fahren. Schade, dass keine Zuschauer kommen durften. Aber wir sind froh, dass es begonnen hat.“, resümierte Kai am späten Sonntagabend. Zwei Rennen über sechs Stunden stehen noch aus. Eines Ende August, eines im Oktober. Dann wird auch Team Moto wieder am Start sein. Und „Hesi“ hoffentlich auch.

Fotos: Jürgen C. Braun