Porsche: 25 Jahre Boxster

Was hatten sich die Vierzylinder-Porsche 914 und 924 trotz konkurrenzloser Verkaufserfolge alles gefallen lassen müssen: Von „Hausfrauen-Porsche“ oder gar „Porsche für die Tochter“ sprachen nicht wenige Neider. Ein Problem, mit dem sich der vor 25 Jahren präsentierte Boxster (Typ 986) als damals preiswertestes Porsche-Modell nicht auseinandersetzen musste.

Was hatten sich die Vierzylinder-Porsche 914 und 924 trotz konkurrenzloser Verkaufserfolge alles gefallen lassen müssen: Von „Hausfrauen-Porsche“ oder gar „Porsche für die Tochter“ sprachen nicht wenige Neider. Ein Problem, mit dem sich der vor 25 Jahren präsentierte Boxster (Typ 986) als damals preiswertestes Porsche-Modell nicht auseinandersetzen musste.

Stellte dieser aufregend gezeichnete Roadster mit wassergekühltem Sechszylinder-Boxer in Mittelmotorbauweise doch von Beginn klar: Hier kommt eine Fahrspaßmaschine, deren Konzept an Kult-Klassiker aus den Roaring Fifties erinnert, also Porsche 356 Speedster, den 550 Spyder von Hollywood-Superstar und Hobby-Rennfahrer James Dean oder den unter Hans Herrmann siegreichen 718 RS 60 Spyder. Dazu passte eine Porsche-Werbekampagne für den Boxster: „Bevor Sie sich in die Tochter verlieben, schauen Sie sich die Mutter genauer an“. Vor allem aber war es das 1996 beim Boxster von Porsche erstmals umgesetzte Gleichteilekonzept, das 1997 auch in den großen Bruder 911 (Typ 996) Eingang fand und eine optische Verwandtschaft zwischen den Baureihen vermittelte. Mit dieser Strategie stärkte Porsche nicht nur das Image des billigeren Boxster, weit wichtiger war, dass sich so die Entwicklungskosten reduzierten und die Gewinnmargen erhöhten. Raus aus der Tristesse der weltweiten Sportwagenrezession um 1990, rauf zum Zenit des Roadster-Hypes, das gelang Porsche dank des Boxster, der heute mit rund 350.000 gebauten Einheiten zu den meistverkauften offenen Zweisitzern aller Zeiten zählt.

Schon 1997 übertrafen die Bestelleingänge für den Boxster die Kapazitäten im Stammwerk Zuffenhausen und so startete beim Karossier Valmet im finnischen Uusikaupunki eine zusätzliche Fertigung. Am Ende des Geschäftsjahres 1997/98 wies Porsche den höchsten Jahresüberschuss der Unternehmensgeschichte aus, ein Resultat, von dem wenige Jahre zuvor kaum jemand zu träumen wagte. Schließlich war es zu Beginn der 1990er Jahren gar nicht gut bestellt um die Profitabilität des schwäbischen Sportwagenspezialisten. Die Nachfrage nach dem Vierzylindertyp Porsche 968 als finaler Evolutionsstufe von 924 und 944 fiel mehr als verhalten aus, so dass die Suche nach einem neuen Konzept forciert wurde. Besonders für die USA, weltweit wichtigster Sportwagenmarkt, benötigte Porsche dringend einen neuen Pulsbeschleuniger. Im Januar 1993 war es soweit. Bei der Autoshow in Detroit präsentierte Porsche die Studie eines zweisitzigen Roadsters, der auf Anhieb die Herzen der Messebesucher und Medien gewann. Sein Name war Programm: Boxster war ein Silbenkurzwort aus Boxer und Roadster. Wie die Markenikone 911 sollte der neue Mittelmotorsportler mit einem Sechszylinder-Boxer – erstmals wassergekühlt – reüssieren, allerdings im Umfeld der Roadster, die damals gerade ein ungeahntes Revival erlebten.

Zu keiner Zeit der Automobilgeschichte wurden mehr zweisitzige Sonnenstürmer verkauft als in den 1990er Jahren. Porsche erkannte mit dem Boxster die Gunst der Stunde. Schneller und stärker als Mazda MX-5, Alfa Spider und der nur in limitierter Stückzahl gebaute BMW Z1 besaß der Porsche das Potential, seinen eigenen Platz am Markt zu finden. Kein Wunder, dass der Porsche-Vorstand 1993 forderte: „Bitte die Studie genauso bauen“, wie der Designer des Showcars aus Detroit, Grant Larson, sich später erinnerte. Nach 36 Monaten war es soweit: BMW hatte gerade den Z3 im neuesten James-Bond-Blockbuster vorgestellt und Mercedes-Benz den SLK, aber der 240 km/h schnelle Porsche Boxster avancierte zur Roadster-Sensation des Jahres 1996. Den Vorderwagen teilte er sich mit dem kommenden Elfer (996) und der 2,5-Liter-Sechszylinder-Boxer leistete 150 kW/204 PS, so dass die spezifische Leistung von 82,3 PS pro Liter Hubraum sogar den Wert des 911 Carrera 3.6 (993) übertraf. Mit diesen Qualitäten wurde der Boxster sofort als „echter“ Porsche akzeptiert, zumal er mit Preisen ab 76.500 Mark schon fast so teuer war wie Luxuslimousinen à la Audi A8 und BMW 7er. Andererseits unterbot der Boxster den Elfer um über 55.000 Mark und damit brachte der Roadster dem Sportwagenbauer neue Kunden.

Sein Verdeck versteckte der Boxster elektrisch in damals spektakulär schnellen zwölf Sekunden, nicht wenige Käufer zelebrierten diesen Showeffekt bei Ampelstopps. Allerdings verblüffte die erste Boxster-Generation auch durch ihre teils puristische Machart mit reichlich Hartplastik im Interieur. Die Open-Air-Fans kümmerte das nicht, sie freuten sich über den im Sommer 1999 nachgelegten Boxster S mit 158 kW/252 PS kräftigem 3,2-Liter-Boxer für stürmische 260 km/h. Weitere Leistungszuwächse und Sondermodelle, die auf legendäre Urahnen des Boxster verwiesen, folgten von nun an kontinuierlich.

Den Anfang der Sonderserien machte Ende 2003 der Boxster S „50 Jahre 550 Spyder“, der an den 99 kW/135 PS starken Vierzylinder-Mittelmotor-Rennwagen erinnerte, mit dem Porsche damals die Motorsport-Konkurrenz deklassierte. Ende 2004 debütierte die zweite Boxster-Generation (Typ 987) in verfeinerter Formensprache und mit Scheinwerfern, die Kritiker nicht länger an Spiegeleier erinnerten. Vor der Hinterachse arbeiteten nun bis 206 kW/280 PS freisetzende Sechszylinder, genug Power, um diesen Porsche in einem global rückläufigen Roadstermarkt glänzen zu lassen. Fast 80.000 Einheiten wurden bis 2011 abgesetzt, darunter auch Sammlereditionen wie der 223 kW/303 PS abgebende Boxster RS 60 Spyder von 2007 oder der Boxster Spyder von 2009.

Alles neu machte die dritte Boxster-Generation (Typ 981), die im März 2012 auf dem Genfer Salon debütierte. Die flache Leichtbaukarosserie kennzeichnete scharfe Konturen, und feurig wie Chili gaben sich auch die Boxer-Direkteinspritzer, die im 2014 bereitstehenden Boxster GTS sogar 243 kW/330 PS auf den Asphalt brachten. Noch feuriger gewürzt war nur der Boxster Spyder: Sein 3,8-Liter-Sechszylinder hielt 276 kW/375 PS bereit. Rund 55.000 Einheiten des Boxster (981) verkaufte Porsche in nur vier Jahren. Das war rekordverdächtig, zumal der Roadster seit Herbst 2005 auch die Basis bot für das technisch eng verwandte Mittelmotor-Sportcoupé Cayman.

Was konnte da noch kommen? Genau 20 Jahre nach dem ersten Boxster debütierte die aktuelle Generation (Typ 982) und das unter dem neuen Namen 718 Boxster. Für Vortrieb sorgten jetzt effiziente Vierzylinder, ganz so wie beim namensgebenden historischen Mittelmotorsportler Porsche 718 von 1957. Allerdings brachte die moderne Turboaufladung bereits beim Zweiliter-Basis-Boxster bullige 380 Nm hervor, 100 Nm mehr als beim Sechszylinder-Vorgänger. Trotzdem forderten nicht wenige Fans für den 718 Boxster einen klassischen Sechszylinder – und Porsche folgte diesem Ruf mit einem 4,0-Liter-Motor für Boxster GTS, Spyder und das jüngste Jubiläumsmodell „Boxster 25 Jahre“. Porsche versteht offenbar, was die Kunden wollen, vielleicht überlebte der Boxster deshalb schon so viele Wettbewerber.

Fotos: Porsche