Meine Geschichte – Denis Regner: Eine einmalige Chance 
Ob Titelkampf oder Kellerduell in der LIQUI MOLY HBL, ob Spitzenspiel oder Abstiegsthriller in der Handball Bundesliga Frauen, ob ein Nachbarschaftsderby in der 3. Liga oder die Finalrunde der Deutschen Jugend-Meisterschaft: Seit 2020 können die Schiedsrichter*innen des Deutschen Handballbundes (DHB) bei ihren Einsätzen auf die Unterstützung der KÜS bauen. Jede*r von ihnen investiert viel Zeit und Herzblut in die große Leidenschaft. Doch warum sind sie Schiedsrichter*in geworden? Welchen Weg sind sie gegangen? Und was hat ihre Karriere geprägt? Einer der knapp 300 Unparteiischen des Deutschen Handballbundes ist Denis Regner, der gemeinsam mit Julian Köppl dem Elitekader angehört. Das hier ist seine Geschichte.
Ob Titelkampf oder Kellerduell in der LIQUI MOLY HBL, ob Spitzenspiel oder Abstiegsthriller in der Handball Bundesliga Frauen, ob ein Nachbarschaftsderby in der 3. Liga oder die Finalrunde der Deutschen Jugend-Meisterschaft: Seit 2020 können die Schiedsrichter*innen des Deutschen Handballbundes (DHB) bei ihren Einsätzen auf die Unterstützung der KÜS bauen. Jede*r von ihnen investiert viel Zeit und Herzblut in die große Leidenschaft. Doch warum sind sie Schiedsrichter*in geworden? Welchen Weg sind sie gegangen? Und was hat ihre Karriere geprägt? Einer der knapp 300 Unparteiischen des Deutschen Handballbundes ist Denis Regner, der gemeinsam mit Julian Köppl dem Elitekader angehört. Das hier ist seine Geschichte.
Manchmal ist es nur ein Anruf, der einer Karriere eine neue Richtung geben, einen Lebensweg verändern, eine neue Chance eröffnen kann. Denis Regner erhielt genau so einen Anruf vor acht Jahren. Kurz nach dem Abstieg aus der 3. Liga war sein damaliger Gespannpartner in den über 250 Kilometer entfernten Breisgau umgezogen, die Saison in der Oberliga lief schleppend. „Wir haben versucht, es weiter durchziehen, aber das war durch die Entfernung für uns beide nicht positiv“, erinnert sich Regner.
Und in genau dieser trüben Zeit seiner Schiedsrichter-Karriere flatterte Regner ein quasi unwiderstehliches Angebot ins Haus: Zur neuen Saison könnte er an der Seite von Julian Köppl in den Nachwuchskader des Deutschen Handballbundes einsteigen, denn dieser war auf der Suche nach einem neuen Teampartner. „Das war eine einmalige Chance“, sagt Regner heute. „Eigentlich hätte ich gar nicht lange überlegen dürfen, doch ich habe mir dennoch Zeit gelassen – mit Felix habe ich zu dem Zeitpunkt schon einige Jahre zusammengepfiffen, das wirft man nicht einfach weg.“
Doch schließlich überwog der Wunsch, den großen Traum von der Bundesliga doch noch weiter verfolgen zu können. Seinen neuen Partner kannte Regner zu diesem Zeitpunkt bereits – allerdings nicht als Schiedsrichter, sondern als Gegner auf dem Spielfeld. Als Torwart des TV Nieder-Olm hatte sich Regner das ein oder andere Mal ein Duell mit Köppl, dem Rückraumschützen des Nachbarvereins Grün-Weiß Büdesheim, geliefert. „Ich habe dabei häufig nicht gut ausgesehen, denn Julian hatte mit seiner Größe und Reichweite immer gute Karten“, erinnert sich Regner mit einem Schmunzeln.
Eine komplizierte Schulter-Verletzung beendete Regners Spielerkarriere jedoch früh – der Auslöser für ihn, 2005 zur Pfeife zu greifen. „Als die Anfrage meines Vereins kam, habe ich erst gesagt: Ach, Quatsch, ich doch nicht“, grinst er. „Ich war selbst nämlich ein Spieler, der immer auf Schiedsrichter geschimpft hat. Nach den ersten Spielen habe ich jedoch gemerkt: Man kann als Schiedsrichter etwas dafür tun, dass diese Schimpferei gar nicht erst aufkommt.“
Der Reiz, das Spiel in ruhige Bahn zu lenken und die Mannschaften durch das Spiel zu führen, ließ Regner nicht wieder los. Erst pfiff er mit zwei wechselnden Gespannpartner aus dem Handball-Verband Rheinhessen, dann stieg er gemeinsam mit Felix Scharte bis in die 3. Liga auf. Nach einem Jahr folgte jedoch der Abstieg – und das „sang- und klanglos“, wie Regner offen eingesteht. „Dadurch habe ich gelernt, wie wichtig Selbstkritik ist, um sich weiterzuentwickeln. Bist du nicht bereit, dich zu hinterfragen, jede Situation zu sezieren, kommst du auf diesem Niveau nicht weiter.“
Ohne diesen Lerneffekt wäre die Geschichte des neuen Schiedsrichter-Teams Köppl/Regner vermutlich schnell wieder beendet gewesen. „Julian war als Schiedsrichter-Typ ganz anders als Felix, da musste man sich erst einmal angleichen und aufeinander abstimmen“, beschreibt Regner. „Entsprechend hatten wir unterschiedliche Auffassungen vom Pfeifen. Es war eine extreme Umstellung und es hat gedauert, bis wir uns gefunden haben.“
Für Regner war die Saison 2014/15 daher gleich eine doppelte Herausforderung: Er musste sich nicht nur auf den neuen Partner einstellen, sondern auch auf die neue Liga. Wenige Monate nach seinem letzten Oberligaspiel pfiff er gemeinsam mit Köppl auf einmal in der Jugendbundesliga – und auch die ersten Einsätze in der 2. Bundesliga der Männer und 1. Bundesliga der Frauen fielen in die Premierensaison des neu zusammengestellten Duos. Es war in den ersten Monaten eine ständige Bewährungsprobe für Regner: „In der Jugendbundesliga hat keiner gemerkt, dass ich aus der Oberliga kam – in der 2. Bundesliga war das anders, da sind die Spieler darauf eingestiegen.“
Doch an der Seite von Köppl meisterte Regner den Schritt – mit Bravour. Am Ende der ersten gemeinsamen Spielzeit stand der direkte Aufstieg in den Bundesligakader zur Saison 2015/16. „Die Spiele in der Jugendbundesliga haben mir brutal geholfen, mich zu verbessern und an den Standard heranzukommen“, sagt Regner. „Mit Julian hat es zudem von Anfang an extrem gut funktioniert, dass wir die Dinge Spiel für Spiel hinterfragt haben. Wir beschäftigen uns bis heute intensiv mit den Feinheiten, um die letzten Prozent rauszukitzeln.“
In den folgenden Spielzeiten ging der rasante Aufstieg weiter: Zur Spielzeit 2016/17 stieg das Duo Köppl/Regner in den Elite-Anschlusskader auf – und Regners Traum von der 1. Männer-Bundesliga wurde wahr. Am 27. September 2016 standen sie das erste Mal in der deutschen Beletage auf dem Feld – und das direkt vor 10.000 Fans in der Kieler Sparkassen-Arena.
„Als wir die Ansetzung bekommen haben, habe ich sofort Julian angerufen: Hast du das gesehen? Wie genial ist das denn, wir fahren nach Kiel“, erinnert sich Regner. „Das war für uns als Neulinge ein Brett – und wir hatten bereits auf der Anfahrt Herzklopfen.“ Das Spiel war auch direkt die erwartete Herausforderung, denn Außenseiter HSC Coburg ließ sich nicht abschütteln, bis zur 55. Spielminute stand es unentschieden. „Das war brutal eng“, sagt Regner. „Das war ein einschneidendes Erlebnis für uns.“ Das Duo bestand die Feuertaufe – und gehört seit dem Sommer 2018 dem Elitekader an.
Entsprechend groß ist die Rolle, die der Handball im Leben von Regner spielt. Das hat auch Auswirkungen auf seinen Beruf: Seit seiner Ausbildung ist der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann seiner Firma treu geblieben – auch, weil der Chef die Handball-Ambitionen seines Mitarbeiters unterstützt. „Ich weiß genau, was ich hier habe“, betont der 38-Jährige dankbar. „Natürlich habe ich hin und wieder überlegt, den Betrieb zu wechseln, um mich weiterzuentwickeln, aber ich habe mich immer für das Bleiben entschieden.“
Die Firma, in der Regner arbeitet, ist im Baustoffhandel tätig und bietet das komplette Paket von Produkten bis zur Montage an – beim Einfamilienhaus ebenso wie bei einem Bau mit 500 Wohneinheiten. „Ich kümmere mich alles, vom Angebot bis zur Auftragsabwicklung oder der Organisation der Handwerker“, beschreibt Regner. Dass er in der Vergangenheit selbst finanziell lukrativere Jobangebote für den Handball ausschlug, bedauert er nicht: „Solange ich die Möglichkeit habe, mich als Schiedsrichter weiterzuentwickeln, möchte ich dies mit viel Einsatz und Leidenschaft tun.“
Seine Frau trägt die Handball-Leidenschaft von Regner mit. Man könnte auch sagen: Sie kennt es nicht anders. Sie besuchten den gleichen Kindergarten, gingen auf dieselbe Grundschule und später auf der weiterführenden Schule sogar in eine Klasse. „Wir waren seit der Mittelstufe gut befreundet – und irgendwann hat es dann gefunkt“, sagt Regner. Inzwischen sind die beiden seit 16 Jahren ein Paar, haben ein Haus gebaut, die gemeinsame Tochter ist sieben Jahre alt.
„Die Schiedsrichterei hat Denis ganz viel gebracht“, sagt seine Frau Judith. „Er hat gelernt, einen guten Mittelweg zu finden und auch mal nach links und rechts zu gucken, statt nur mit dem Kopf durch die Wand zu gehen.“ Auch Regner selbst hebt den Mehrwert des Pfeifens hervor: „Auf dem Spielfeld ist es ein ständiges Geben und Nehmen, alles muss sich die Waage halten. Das versuche ich auch abseits des Handballfeldes umzusetzen.“
Steckbrief Denis Regner
Alter: 38
Beruf: Groß- und Außenhandelskaufmann im Baustoffhandel
Familienstand: verheiratet, eine Tochter
Schiedsrichter seit: 2005
Gespannpartner: Julian Köppl
Kader: Elitekader
Karriere-Highlight: Erstliga-Debüt in Kiel 2016, Halbfinale der Deutschen Meisterschaft der männlichen A-Jugend in Magdeburg, Halbfinale beim OLYMP Final4 der Frauen 2021
Ein Traum, der in der Schiedsrichterkarriere (noch) offen ist: Die Nominierung für das REWE Final Four der Männer. Und es wäre das Ziel, in beiden Pokalfinals zu stehen.
Fotocredit: Marco Wolf, privat