Alfa Romeo: 40 Jahre GTV 6
Stardesigner Giorgetto Giugiaro hatte den GTV 6 von Alfa Romeo, den viersitzigen Gran Turismo, in faszinierende Keilform gegossen und dabei sogar Designdetails des Achtzylinder-Supersportlers Alfa Montreal zitiert, so bei der Leuchten- und Motorhaubengestaltung. Was dem Alfetta GTV anfangs fehlte, war eine Spitzenmotorisierung mit mehr Temperament als es die Vierzylinder-Triebwerke auf den Asphalt brachten. Vor 40 Jahren war es aber soweit: Als facegelifteter Alfa Romeo GTV 6 gelang dem Sportler mit 118 kW/160 PS leistendem V6 ein furioser Neustart im Wettbewerbsumfeld von Porsche 924/944, Nissan 280 ZX, Ford Capri 2.8 Injection oder Opel Monza, aber auch gegen Lancia Montecarlo und Maserati Merak 2000 V6.
Stardesigner Giorgetto Giugiaro hatte den GTV 6 von Alfa Romeo, den viersitzigen Gran Turismo, in faszinierende Keilform gegossen und dabei sogar Designdetails des Achtzylinder-Supersportlers Alfa Montreal zitiert, so bei der Leuchten- und Motorhaubengestaltung. Was dem Alfetta GTV anfangs fehlte, war eine Spitzenmotorisierung mit mehr Temperament als es die Vierzylinder-Triebwerke auf den Asphalt brachten. Vor 40 Jahren war es aber soweit: Als facegelifteter Alfa Romeo GTV 6 gelang dem Sportler mit 118 kW/160 PS leistendem V6 ein furioser Neustart im Wettbewerbsumfeld von Porsche 924/944, Nissan 280 ZX, Ford Capri 2.8 Injection oder Opel Monza, aber auch gegen Lancia Montecarlo und Maserati Merak 2000 V6.
Der Alfa GTV „Sei“, wie die Italiener ihren soundstarken Sechsender mit Einspritzung auch hierzulande bewarben, führte die Alfetta-Geschichte und das legendäre Transaxle-Konstruktionsprinzip (Motor vorn, Getriebe, Kupplung und Differential an der Hinterachse) zum Höhepunkt.
Wie sonst fast nur Mittelmotor-Sportwagen erreichte Alfa Romeo via Transaxle eine vollkommen ausgeglichene Gewichtsverteilung von 50 Prozent auf der Vorder- und 50 Prozent auf der Hinterachse. Ein Prinzip, das sich in verwandter Form auch beim Porsche-Duo 924/944 fand. Dies galt ebenso für die weit aufschwingende, großzügig verglaste Heckklappe des Italieners, unter der rekordverdächtig viel Gepäck Platz fand. Zwei Koffer und fünf Reisetaschen plus Tennisausrüstung oder 370 Liter, das bot kein Rivale des GTV. Rar geworden war 1980 auch ein wichtiges Accessoire, das den GTV 6/2.5i von dem Vierzylinder-Coupé GTV 2.0 differenzierte: Das große glänzende Holzlenkrad im Cockpit erinnerte an die Golden Fifties, in denen Alfa Romeo seine erste Formel-1-Weltmeisterschaft gewann, übrigens mit einem Tipo 159 Alfetta und Transaxle-Layout.
„Distanz zur Norm“, die den „GTV 6/2.5 unbestritten zu einem Führungsmodell der Sportcoupés macht“, sollte der neue Leistungsträger im Alfa-Romeo-Programm natürlich auch äußerlich zeigen. Im Rückspiegel Vorausfahrender gab sich der V6 unübersehbar zu erkennen durch eine voluminöse Ausbeulung der Motorhaube und autoaffine Passanten erkannten diesen GTV an seinem kraftvollen Klang. Heute kaum mehr vorstellbar, aber damals verfügten Fahrzeuge von Herstellern wie Alfa oder BMW noch über einen markentypischen Sound. „In den Sound dieses Sechszylinders hat Alfa Romeo eine große Summe investiert“, hieß es deshalb beim Presselaunch.
Wichtiger für die Sportcoupé-Klientel waren natürlich weitere Fakten, allen voran die Fahrleistungen. Auch dabei wurde der GTV 6 seinem Auftritt als Donnerkeil gerecht, denn in der Praxis übertraf er die zurückhaltenden Prospektwerte deutlich. In zeitgenössischen Tests sprintete der V6 in rund acht Sekunden von 0 auf 100 km/h und die Höchstgeschwindigkeit wurde mit bis zu 220 km/h gemessen, damit bewegte sich der Alfa 1980 sogar auf dem Niveau der weit kostspieligeren BMW 6er und Mercedes SL, vor allem aber machte er eine Ansage im Wettbewerbsumfeld. Tatsächlich war das cuore sportivo unter der lang gestreckten Motorhaube des GTV ein Aushängeschild der Ingenieurskunst von Alfa Romeo. Nicht nur, dass dieses Aggregat als erster vollkommen neu konstruierter italienischer Sechszylinder seit den 1960er Jahren ein Gegenentwurf zu den großvolumigen Lancia-Vierzylindern war und auch die von Regierung und Behörden präferierte Limousine Alfa 6 antrieb. Das Grundkonzept des V6 war so innovativ, dass es in Evolutionsstufen über ein Vierteljahrhundert lang gebaut wurde.
Tatsächlich tröstete der formidable V6 die Alfisti sogar ein wenig über den Verlust des V8, der mit Einstellung des Topmodells Alfa Montreal entschlafen war, nachdem das 2,6-Liter-Aggregat noch 1977 versuchsweise Prototypen des GTV befeuert hatte. Hochkarätig, aber auf nur 400 Einheiten limitiert war eine Homologationsauflage des schnellen Alfetta GTV 2.0 Turbodelta als erster italienischer Pkw mit Turboaufladung, während wenige Jahre später ein 136 kW/186 PS freisetzender 3,0-Liter-V6 im GTV 3.0 V6 als Eigengewächs von Alfa Romeo Südafrika den PS-hungrigen Kunden dieses Rechtslenkermarktes vorbehalten blieb. Entsprechend enthusiastisch nahm die europäische – und sogar nordamerikanische – Kundschaft der staatlich kontrollierten Avantgardemarke den 2,5-Liter-V6-Einspritzer im GTV zur Kenntnis. Noch im Jahr 2000 wurde das inzwischen zum 24-Ventiler mutierte Aggregat von internationalen Experten zum „Motor des Jahres“ gekürt.
Die größten Sternstunden des durch Kunststoffanbauteile an Front und Seiten modisch aktualisierten Transaxle-Keils GTV 6 schlugen aber auf den Rennstrecken. Dort dominierte der Gran Turismo mehrere Jahre die europäische Tourenwagenmeisterschaft (nach Gruppe-A-Reglement), aber auch DTM-Championate und Rallye-Titelgewinne sicherte sich der Racer bis 1987 und damit noch ein Jahr über das Ende der langen Produktionszeit hinaus. Speziell die spektakulären Rundstrecken-Siege gegen weit stärkere Jaguar XJ-S und BMW 6er pflegten die Magie der Mailänder Marke, die schon so viele Weltmeister hervorgebracht hatte, aber nach den glanzvollen 1970ern in eine dunkle Dekade geglitten war. Streiks und die mangelnde Motivation der Belegschaft, die in manchen Alfa-Werken durch Abwesenheitsquoten von 20 Prozent auffiel, sowie chronisch leere Kassen in der Entwicklungsabteilung des Konzerns ließen die Verkaufszahlen der sportiven Spezialitäten abstürzen. Daran änderten auch Designexperimente von Karossiers wie Zagato nichts, der noch 1983 den Zeta 6 mit der Technik des Alfa GTV 6 vorstellte.
Anfang 1983 erhielt der Alfa Romeo GTV seine letzte Modellpflege, erkennbar an üppigerem Kunststoff-Ornat. Sogar das stilvolle Holzlenkrad des V6 musste einem zeitgeistigeren Volant weichen. Immerhin folgten einige Sondereditionen wie der von Rayton Fissore gestaltete GTV 6 Grand Prix, mit dem Alfa Romeo 1985 den 75. Gründungstag feierte, bevor das Unternehmen in den Fiat-Konzern integriert wurde und die Produktionsgeschichte des GTV 6 nach 22.380 Einheiten endete. Vordergründig ein bescheidenes Verkaufsresultat im Vergleich zur Gesamtstückzahl von über 114.000 gebauten GTV mit Vierzylinder-Aggregat, aber es war der V6, der die Begeisterung der Tifosi für das 1980 schon angejahrte Konzept der Alfetta belebte. Das erste 1989 unter Fiat-Regie realisierte Sportcoupé Alfa SZ vermittelte deshalb nicht nur Aufbruchstimmung, sondern zollte zugleich mit V6 und Transaxle den glanzvollen Dekaden von Alfetta, GTV & Co Tribut.
Fotos: Alfa Romeo