Volta-Trucks: Saubere Nutzfahrzeuge aus Schweden

Die Elektrifizierung des Automobils hat längst nicht nur den Individualverkehr auf der Straße erreicht.

Die Elektrifizierung des Automobils hat längst nicht nur den Individualverkehr auf der Straße erreicht.

Auch bei den Nutzfahrzeugen, sprich beim Lkw, der über Jahrzehnte von Dieselmotoren angetrieben wurde, ist der emissionsfreie Weg zum Kunden längst ein Thema. Klar, dass sich die etablierten Hersteller als Erste an das Thema Nutzfahrzeuge mit Batterieantrieb herangewagt haben. Und da derlei Fahrzeuge etwa das Doppelte an Kaufpreis verschlingen als dies bei konventionellen Verbrenner-Lkw der Fall ist, wird der Erwerb von der öffentlichen Hand kräftig unterstützt. Die Kaufprämie für Lkw mit elektrischem Antrieb beinhaltet eine Förderung der Mehrkosten gegenüber einem Diesel-Lkw von bis zu 80 Prozent. In diesem Fall wären das etwa 230.000 Euro pro Fahrzeug bei geringeren Betriebskosten als bei einem Verbrennermodell.

Doch nicht nur die großen Nutzfahrzeug-Hersteller sind die „Global player“ in diesem Segment. Ein schwedisches Start-Up, 2019 erst von Carl-Magnus Norden gegründet, will mit Hilfe von mehreren auf diesem Sektor erfahrenen Partnern bereits im kommenden Jahr auf dem Markt gehen. Mit völlig ungewöhnlich designten Lkw und einem Geschäftsmodell namens „Truck as a Service“, das dem Kunden den Einstieg in den elektrifizierten Nutzfahrzeugbereich nicht nur erleichtern, sondern auch das unternehmerische Risiko minimieren soll.

Mit einem Prototyp des „Volta Zero“, einem zweiachsigen 16-Tonner, durften wir auf dem Gelände des Forschungs- und Technologiezentrums Ladungssicherung im westfälischen Selm erste Erfahrungen mit dem E-Lkw sammeln. Unser erster Eindruck nach dem niedrigen Einstieg, der so gar nichts mit dem „Klettern“ in die und aus den 30-Tonner-Diesel-Riesen zu tun hat: Wir sitzen in einem Reisebus. Nicht in einem Lkw. Ebenerdig. Also fast zumindest. Auf Augenhöhe mit dem Verkehr rund um uns herum. Mit den Pkw-Fahrern, den Radfahrern, den Fußgängern. Der Fahrer nimmt in der Mitte Platz. Links und rechts von ihm, ein paar Zentimeter nach hinten versetzt, zwei weitere Sitze.

Unser Volta-Fahrer, geschult auf konventionellen und eben BEV-Nutzfahrzeugen, fährt lautlos mit uns in eine eigens aufgebaute Parkbucht und erklärt uns die Vorteile des Start-Up-Lkw, mit dem wir unterwegs sind. „Visibility“ ist das Zauberwort, das er beschwört. Sichtbarkeit also, Sichtweite. Will heißen: Ich kann alles sehen, mich kann jeder sehen. Gefahrenpunkte für Kollisionen sind erheblich minimiert, wenn nicht gar ausgeschlossen. Acht Kameras decken alles rund um den Volta-Zero ab. Auch das kleinste Mäuschen muss keine Angst haben, dass es plattgefahren wird.

Der 16-Tonner ist der Einstiegs-Cargo. Nach und nach sollen weitere in den Gewichtsklassen zwischen sieben und 19 Tonnen folgen. Gleich soll bei allen die Technik sein, um Kosten zu sparen. Beim Auftragsfertiger Steyr Automotive in Österreich, dem ehemaligen MAN-Werk, werden Lkw auf einem Leiterrahmengestell produziert, das je nach Gewichtsklasse zwei oder drei Batterie-Packs mit jeweils 75 kWh Kapazität unter sich verbirgt. Das Aufnahmevolumen werde dadurch im Vergleich zum Diesel nicht beeinträchtigt, verspricht der Hersteller.

Der so produzierte Strom wird an die Hinterachse weitergeleitet. Im innerstädtischen Verkehr soll das für 150 bis 200 Kilometer Reichweite genügen. Meist zu großen Märkten und wieder zurück. Geladen wird zu Hause entweder mit Wechselstrom bis 22 kW oder mit 150-kW-Gleichstrom. In acht Stunden, also einmal über Nacht, soll der Akku wieder voll sein.

Wie kann das sein, dass ein Unternehmen, das vor etwas mehr als drei Jahren aus einer Idee heraus entstanden ist, bereits im nächsten Jahr produzieren soll? Und das nicht gerade in „Tröpfchenform“. Denn einer der größten Logistikdienstleister, die Bahn-Tochter DB Schenker, hat bereits knapp 1.500 Trucks der Marke Volta Zero geordert. Das soll, sagt das Unternehmen, der bisher größte Lieferauftrag für elektrische Lkw in Europa sein. Carl-Magnus Norden und seine Mitstreiter:innen, ein junges, multinationales Unternehmen mit Aufbruchstimmung hat starke Partner gesucht und gefunden. Diesen Geist konnten wir bei unserem Besuch, wohin wir auch blicken und mit wem wir auch sprechen konnten, überall quasi atmen. Die (nicht ausgegebene) Maxime: Hier entsteht etwas und wir wollen daran teilhaben.

Erst Mitte dieser Woche wurde die strategische Partnerschaft mit Siemens als weiterem renommierten Partner bekanntgegeben. Sie sieht eine Zusammenarbeit zur Bereitstellung einer umfassenden Ladeinfrastruktur und Software für Kunden von Volta Trucks vor. Die Volta-Kunden wie Transportunternehmen, sollten sich selbst kaum mit Ablauf-Details wie Netzanschlüsse, einzelne Funktionen der Ladesäule oder das Energiemanagement des Standortes beschäftigen müssen.

Volta Trucks macht sich gleichsam die schöne elektrische Lkw-Welt, wie sie uns gefällt. Frei nach Pippi Langstrumpf, wobei wir wieder in Schweden sind.

Fotos: Jürgen C. Braun