Recht: Verkehrsunfall ohne Berührung und der „Anscheinsbeweis“
Wenn sich ein Unfall nicht genau ermitteln lässt, kommt oft der Anscheinsbeweis ins Spiel. Demnach müsse ein bestimmtes Verhalten nach der Lebenserfahrung zu einem Schaden geführt haben.
Wenn sich ein Unfall nicht genau ermitteln lässt, kommt oft der Anscheinsbeweis ins Spiel. Demnach müsse ein bestimmtes Verhalten nach der Lebenserfahrung zu einem Schaden geführt haben.
Wenn beispielsweise ein Auto auf einer Straße wendet und es kommt dabei zur Kollision, ist meist der Wendende schuld. Dies gilt auch, wenn die Fahrzeuge sich gar nicht berührt haben, sondern das Auto des Geschädigten durch ein Ausweichmanöver beschädigt wurde. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Wuppertal vom 14. Mai 2020 (AZ: 9 S 201/19).
Eine Frau wollte in diesem Fall auf ihr Grundstück einfahren und dazu ein kombiniertes Wende- und Abbiegemanöver von 270 Grad über die gesamte Fahrbahn ausführen. Ein Wagen kam aus der Gegenrichtung und wollte dem Auto der Frau ausweichen. Dabei stieß er an den hervorgehobenen Bordstein einer Bushaltestelle und beschädigte sein Fahrzeug. Die Versicherung der Frau regulierte 50 Prozent, der Mann wollte aber den gesamten Schaden ersetzt bekommen.
Mit Erfolg. Aus Sicht des Landgerichts sprach der Anscheinsbeweis für eine volle Schuld der Beklagten an dem Unfall. Geschehe beim Wenden ein Unfall, sei regelmäßig der Wendende daran schuld. Es sei denn, dies könne anhand von anderen Umständen widerlegt werden. Zudem gab es noch den Anscheinsbeweis der Linksabbiegenden. Die Umstände wären so, dass der Unfall durch die Beklagte verursacht worden sei, urteilten die Richter. Dies gelte auch bei einem berührungslosen Verkehrsunfall. Denn der Geschädigte, der sich bemüht, einen Zusammenstoß zu vermeiden, dürfe nicht schlechter gestellt werden, als derjenige, mit dem es zu einem Unfall kommt. Der geschädigte Kläger habe daher einen Anspruch auf Ersatz des vollen Schadens.