Ford: 60 Jahre Taunus M

An Kreativität, sich selbst immer wieder neu zu erfinden, hat es den Kölner Ford-Werken nie gefehlt – auch wenn die Flamme der Revolution meist vom amerikanischen Mutterkonzern geschickt wurde. Heute ist es der millionenfach verkaufte Fiesta, der ins Museum geschickt wird, weil die rheinische Dependenz des Giganten aus Dearborn künftig elektrische Crossover fertigen soll. Vor 60 Jahren entsandten die Amerikaner einen „Cardinal“ in die Domstadt, um von dort aus die Kompaktklasse zu revolutionieren. Cardinal, so lautete der Entwicklungsname für den Taunus 12 M (P4), der im Herbst 1962 mit allem brach, wofür Ford Köln stand: Traditionelle Antriebstechnik verpackt in ikonisches Design, so wie beim ersten Nachkriegserfolg Taunus 12 M „Weltkugel“ und so wie beim noch frischen stromlinienförmigen Flaggschiff 17 M (P3). Stattdessen verblüffte der aus Amerika kommende neue Kompakt-Ford durch voluminöse Formen für wenig Geld, Vierzylinder in unkonventioneller V-Bauweise und mit Frontantrieb, der damals sonst nur von exzentrischen Autobauern à la Citroen, Renault, DKW oder Saab genutzt wurde. Und noch etwas hatte der laut Pressemitteilung „von der Radkappe bis zur Regenrinne neu konstruierte“ Taunus P4 seinen Wettbewerbern voraus: Es gab ihn in konkurrenzlos großer Karosserievielfalt. Ob als zwei- und viertürige Limousine, Kombi, Kastenwagen oder als sportives Coupé sowie extravagantes Cabriolet vom Karossier Deutsch, Ford versuchte jeden Geschmack zu treffen.

An Kreativität, sich selbst immer wieder neu zu erfinden, hat es den Kölner Ford-Werken nie gefehlt – auch wenn die Flamme der Revolution meist vom amerikanischen Mutterkonzern geschickt wurde. Heute ist es der millionenfach verkaufte Fiesta, der ins Museum geschickt wird, weil die rheinische Dependenz des Giganten aus Dearborn künftig elektrische Crossover fertigen soll. Vor 60 Jahren entsandten die Amerikaner einen „Cardinal“ in die Domstadt, um von dort aus die Kompaktklasse zu revolutionieren. Cardinal, so lautete der Entwicklungsname für den Taunus 12 M (P4), der im Herbst 1962 mit allem brach, wofür Ford Köln stand: Traditionelle Antriebstechnik verpackt in ikonisches Design, so wie beim ersten Nachkriegserfolg Taunus 12 M „Weltkugel“ und so wie beim noch frischen stromlinienförmigen Flaggschiff 17 M (P3). Stattdessen verblüffte der aus Amerika kommende neue Kompakt-Ford durch voluminöse Formen für wenig Geld, Vierzylinder in unkonventioneller V-Bauweise und mit Frontantrieb, der damals sonst nur von exzentrischen Autobauern à la Citroen, Renault, DKW oder Saab genutzt wurde. Und noch etwas hatte der laut Pressemitteilung „von der Radkappe bis zur Regenrinne neu konstruierte“ Taunus P4 seinen Wettbewerbern voraus: Es gab ihn in konkurrenzlos großer Karosserievielfalt. Ob als zwei- und viertürige Limousine, Kombi, Kastenwagen oder als sportives Coupé sowie extravagantes Cabriolet vom Karossier Deutsch, Ford versuchte jeden Geschmack zu treffen.

Vielleicht lag es auch an den amerikanischen Genen, die ihm füllige 4,32 Länge und damit äußerlich Mittelklassegröße bescherten. Jedenfalls konnte Ford vom 12 M (P4) als damals stattlichstem Modell im Umfeld preiswerter Kompaktwagen im Vier-Meter-Format bis zum Sommer 1966 über 680.000 Einheiten verkaufen – ein stolzes Ergebnis, mit dem anfangs niemand gerechnet hatte. Schließlich kam der „Detroiter VW“, wie ihn Fachzeitschriften ankündigten, als Stiefkind nach Köln. Die deutsche Ford-Tochter hatte längst einen Nachfolger für den 1952 eingeführten, überaus erfolgreichen „Weltkugel-Taunus“ (G13/G4B) in Entwicklung, als sie Ende 1960 aus USA die unerwartete Direktive erhielt, den „Cardinal“ zur Serienreife zu bringen. Der bis dahin in Niehl konzipierte 3,70-Meter-Kleinwagen mit kryptischem Entwicklungscode NPX-C5 wurde in die Asservatenkammer geschickt, stattdessen das US-Modell Cardinal unter der Typenbezeichnung Taunus 12 M finalisiert.

Cardinal, schon durch diesen Namen machte der Ami klar, was seine ursprüngliche Mission war. Dieser Mini-Straßenkreuzer sollte den VW Käfer fressen, der um 1960 gemeinsam mit anderen europäischen Kleinwagen die amerikanischen Compacts attackierte. Dazu zitierte der Cardinal die Designsprache des größeren Ford Falcon (deutsch „Falke“) und nutzte wie dieser Millionseller den Namen eines Jägers der Lüfte: Die in Nordamerika verbreiteten scharlachroten Kardinal-Vögel gelten als Insekten-Vertilger. Einen Kontrapunkt zum VW Käfer und auch dem US-Rivalen Chevrolet Corvair setzte der Cardinal durch sein Frontmotorkonzept, das mit damals noch avantgardistisch anmutendem Vorderradantrieb kombiniert wurde. Damit nicht genug an technischer Extravaganz, denn der Cardinal vertraute als weltweit erstes Massenmodell auf V4-Motoren. Allein Lancia hatte bis dahin bereits Erfahrungen mit V4-Motoren in technisch anspruchsvollen Modellen gesammelt, dies allerdings nur in überschaubaren Stückzahlen. Für Ford-USA schien dagegen die Idee eines Großserien-V4 konsequent, schließlich folgte die V-Bauweise dem klassischen Prinzip des amerikanischen V8. Der V4-Motorlauf war zwar rauer als beim Reihen-Motor, dafür erwiesen sich die 1,2- und 1,5-Liter-Triebwerke im Ford als besonders robust und sparsam im Benzinverbrauch.

Produziert werden sollten die V4 in einem neuen Motorenwerk in Köln, der Ford Cardinal aber in den USA. Doch es kam anders. Ab 1960 sahen Marktforscher für kleine Compacts wie den Cardinal in Amerika kaum noch Chancen, und so erlebten europäische Erlkönig-Jäger erste Begegnungen mit dem „Archbishop“, wie sie den Ford im US-Design nannten – bis im Herbst 1962 alle Details zum Serienmodell Taunus 12 M (P4) preisgegeben wurden. Vor allem die V4-Motoren sorgten von Beginn an für viel Furore, deshalb arbeiteten sie ab 1966/67 sogar in den legendären Sportwagen Matra 530 und Saab Sonett II V4. Nicht zu vergessen der aus dem Rallyesport weltweit bekannte Saab 96, der mit dem Ford-V4 die Zweitaktära der Schweden beendete. Temperament, Zuverlässigkeit und Effizienz, diese Tugenden stellte der V4 im Taunus (P4) ganz im Stil der Weltraum-berauschten 1960er unter Beweis. Im Spätsommer startete ein Ford 12 M mit nur 29 kW/40 PS freisetzendem V4 im südfranzösischen Miramas zum „Race to the Moon“, das heißt zu einer Marathonfahrt, die exakt der Distanz zwischen Erde und Mond entsprach. Nach einer Distanz von 358.273 Kilometern und mit einem Durchschnitt von 106 km/h erreichte der Ford das Ziel – dies als rasendes Schrottpaket, nachdem ein übermüdeter Fahrer den Ford zerknüllt hatte.

Dennoch sammelte der Kölner Kompakte 108 Weltrekorde, zu denen der niedrige Benzinverbrauch und entsprechend wenige Tankpausen beigetragen hatten. Kein Wunder, dass das Ford-Marketing seinen Knauser-Typ in Anzeigen als „Vor allem wirtschaftlich“ bewarb. Für weiteren sportlichen Ruhm sorgten Racer wie der rasante Taunus 12 M TS, der 1965 die deutsche Rallyemeisterschaft gewann. Schnelle Formen und flotte Fahrleistungen waren Mitte der 1960er wichtig wie nie. Garantierten sie doch das gute Gefühl, den Wagen samstags mit breiter Brust unter den bewundernden Blicken der Nachbarn waschen zu können. Dazu passte das 1964 aufgelegte 12 M TS-Coupé mit 48 kW/65 PS leistendem Triebwerk, von der Fachpresse gefeiert als „schnellstes 1,5-Liter-Coupé mit Preisen unter 6.500 Mark“.

Aber der Taunus P4 hatte auch noch andere Qualitäten, die nicht einmal von den Newcomern Kadett A, Glas 1204, Renault 8 oder Austin/Morris 1100 getoppt wurden: Sechs Karosserievarianten inklusive eines familienfreundlichen Kombis und nutzwertigen Kastenwagens, da blieben keine Kundenwünsche offen. Allenfalls der anfänglich fehlende Feinschliff in der Verarbeitung, aber auf Kundenreklamationen reagierte Ford durch Nachbesserungen ebenso effektiv, wie auf Kritik am Fahrwerk, das angeblich Kippgefahr in schnell gefahrenen Kurven heraufbeschwor. Über drei Jahre hielt sich der Cardinal-Taunus auf Höhenflug. Als die Rezession im Jahr 1966 Verkaufs-Rückgänge bewirkte, rollten schon neue V4 ins Rampenlicht: Der Taunus 12 M /15 M (P6) mit Codenamen Prälat.

Fotos: Ford