Recht: Einminütige Behinderung des Rettungsdienstes – Konsequenzen?
Seit einigen Jahren wird in der Öffentlichkeit das Thema der Behinderung von Rettungsdiensten diskutiert. Die „Rettungsgasse“ auf Autobahnen ist regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung. Was aber sind die Konsequenzen der Behinderung? Was droht, wenn man den Einsatz auch nur eine Minute verzögert?
Seit einigen Jahren wird in der Öffentlichkeit das Thema der Behinderung von Rettungsdiensten diskutiert. Die „Rettungsgasse“ auf Autobahnen ist regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung. Was aber sind die Konsequenzen der Behinderung? Was droht, wenn man den Einsatz auch nur eine Minute verzögert?
Wer einen Rettungsdienst behindert, wird bestraft. Wie sehr, hängt vom Einzelfall ab. Wer mehrfach blockiert, muss mit einer höheren Tagessatzanzahl rechnen. Auch eine vermeintlich kurze Behinderung von einer Minute kann im Hinblick auf die Verletzung eine hohe Strafe rechtfertigen.
So wurde ein Mann zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 65 Euro wegen Behinderung eines Rettungsdienstes verurteilt, zuzüglich eines viermonatigen Fahrverbots. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgericht Hamm vom 10. März 2022 (AZ: III-4 RVs 2/22).
Bei einem Unfall erlitt eine ältere Radfahrerin eine stark blutende Kopfverletzung. Am Unfallort trafen mehrere Ersthelfer, die Polizei, der Angeklagte und dann der Rettungsdienst ein. Ein Ersthelfer hatte sein Auto auf der Fahrbahn abgestellt, die Polizei ihren Streifenwagen schräg gegenüber. Durch die verbleibende Lücke konnte der Verkehr einspurig mit kleineren Rückstaus in beide Fahrtrichtungen hindurchfließen.
Der Angeklagte erreichte die Unfallstelle kurz vor dem mit Blaulicht und Signalhorn kommenden Rettungswagen. Obwohl der Angeklagte die mit einer blutenden Kopfverletzung am Boden liegende Radfahrerin und den herannahenden Rettungswagen sah, hielt er vor der Lücke. Er beschwerte sich über das dort stehende Fahrzeug des Ersthelfers. Damit versperrte er den Weg zur Unfallstelle und gab ihn für den Rettungswagen erst nach mehrmaliger Aufforderung durch die Polizei frei. Dann fuhr er ein Stück weiter. Vor dem nunmehr ohne Signalhorn weiterfahrenden Rettungswagen öffnete der Angeklagte seine Fahrertür, sodass der Rettungswagen erneut stoppen musste. Erst auf ein Signal mit dem Martinshorn schloss der Angeklagte die Fahrertür wieder. Insgesamt hatte der Angeklagte damit die Ankunft des Rettungswagens um mindestens eine Minute verzögert.
Das Amtsgericht Ibbenbüren hatte den Angeklagten wegen Widerstands gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, in Tatmehrheit mit Beleidigung und falscher Verdächtigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 65 Euro verurteilt.
Das Urteil wurde von dem Oberlandesgericht in Hamm bestätigt. Das Verhalten des Angeklagten stellte einen dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gleichstehende Straftat (§ 115 Abs. 3 StGB) dar. Danach wird wie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bestraft, wer bei Unglücksfällen Hilfeleistende eines Rettungsdienstes durch Gewalt behindert. Gewalt liegt schon durch ein Versperren des Weges zum Unfallort vor. Auch die Verzögerung des Zugangs zum Unfallopfer von einer Minute war im Hinblick auf die stark blutende Kopfverletzung eine „Behinderung des Rettungsdienstes“.
Auch die weiteren Schuldsprüche wegen einer Beleidigung des Ersthelfers und einer falschen Verdächtigung der Polizeibeamten durch eine wissentlich unzutreffende Strafanzeige wurde bestätigt.
Die hohe Tagessatzanzahl hatte ihren Grund darin, dass der Angeklagte die Rettungshandlung durch mehrere Handlungen verzögerte. Trotz der langen Zeitspanne bis zum Urteil hielt das Gericht das Fahrverbot von vier Monaten für gerechtfertigt. Der Mann hatte sein Fahrzeug in schwerwiegender Weise im Straßenverkehr missbraucht. Deshalb brauchte er das „Fahrverbot als zusätzlichen Denkzettel“, so das Gericht.